Wolle & Filzen

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Ich habe schon so einige Wollsorten ausprobiert und dabei Unterschiede und Gemeinsamkeiten festgestellt. Zu Beginn meines Filzweges hab ich erstmal mit dem gefilzt, was der Wollhandel vor über 15 Jahren so anbot – Bergschaf und Merinowolle. Schnell war mir klar, das sich die Wolle in ihrer Feinheit unterscheidet. In den letzten Jahren testete ich dann so alle gängigen Wollsorten und legte mir ein Filz.Lexikon an. 

Was ist eigentlich Filzwolle?

Als Filzwolle bezeichnet man jegliche Schurwolle, die sich filzen lässt. Die Wolle wird lediglich gewaschen und bei Bedarf gefärbt. Es ist auch möglich, Wollfasern von Tieren wie Alpakas, Angorakaninchen oder Kaschmirziegen zu verfilzen. Selbst Haare von den eigenen Haustieren, zum Beispiel von Hund oder Katze, können sich dafür eignen. 

Wie gut das Filzen funktioniert ist von der jeweiligen Haarstruktur abhängig. Es gibt Wollsorten, die filzen super gut, andere tun sich etwas schwer und dann gibt es noch die Sorten, die sich alleine gar nicht verfilzen lassen. Selbst bei ein und demselben Tier lassen sich Unterschiede im Filzverhalten feststellen, je nachdem ob man das Deckhaar oder die Unterwolle verwendet.

Filzwolle ist nicht nur in unterschiedlichen Sorten, sondern auch in verschiedenen Varianten erhältlich. Ich habe lange Zeit vorzugsweise mit Kammzugwolle gefilzt. Seit einigen Jahren entscheide ich mich aber je nach Verwendungszweck für Rohwolle/ Kammzug/ Vlies oder Nadelfilz. 

Welche Varianten Filzwolle gibt es?

Filzwolle wird nach der Art ihrer Verarbeitung unterschieden. So gibt es Rohwolle, Kammzugwolle, Vlieswolle, Nadelfilz und Märchenwolle. Zum filzen kannst du grundsätzlich alle Sorten verwenden, aber je nach Tierart unterscheidet sich die Wolle im Feinheitsgrad. Selbst bei Schafen gibt es unterschiedliche Wolle, von sehr rauen Sorten bis hin zu sehr feinen weichen Sorten. 

Rohwolle

Als Rohwolle wird die frisch vom Tier geschorene Wolle bezeichnet. Ich verwende die Wolle meiner Schafe direkt nach der Schur. Ich sortiere diese gut aus, denn gewaschen wir die Wolle ja auch beim Filzen 🙂. Natürlich kannst du die Wolle auch vorher reinigen und waschen. Rohwolle kann je nach Tierart sehr fettreich sein, das wiederum hat einen Einfluß auf die Qualität der Filzarbeit. 

Zum Filzen musst du die Wolle an der Schurseite leicht aufzupfen. Naturgemäß beinhaltet sie Fasern unterschiedlicher Länge und Stärke und weist somit keine einheitliche Struktur auf. Das Deckhaar im Tierfell ist meist länger und glatter, die Unterwolle hingegen kurz. Diese unterschiedliche Struktur zeigt sich später auch in deinem Filzstück. Sie wirken in der Fläche eher grob und rustikal und erinnern mich an eine Bouclé-Oberfläche. Die Deckhaare lassen sich dabei oft viel schlechter einfilzen, da sie sehr glatt sind und bleiben auf der Oberfläche als lose Haare sichtbar. Das bietet uns aber auch die Möglichkeit für gefilzte Felle. 

Rohwolle filzen

Vlieswolle

Nach dem Waschen und eventuellen Färben der Wolle werden die gekräuselten Fasern in eine Richtung gebürstet (gekrempelt, kardiert) und in mehreren Schichten zu Vliesen aufeinander gelegt, bis ein flaches Gewebe, ähnlich der Meterware bei Stoff, das sogenannte Vlies entstanden ist.  Die Fasern im Vlies sind relativ kurz. Wenn du dir das Vlies genau ansiehst, kannst du erkennen, in welche Richtung die Fasern liegen. Liegen die Fasern in Längsrichtung oder wurden sie kreuzgelegt verarbeitet. Kreuzgelegte Wolle hat den Vorteil, dass sie vor dem Filzen nicht durcheinander gebracht werden muss. Vlieswolle ist gefaltet und zu einer Rolle aufgewickelt. 

Zur Verarbeitung musst du das Bündel aufwickeln und auseinander falten. Anschließend kannst du kleinere oder größere Stücke aus der Wolle ziehen. Ich zupfe mir die Vlieswolle immer in kleinere Stücke und lege sie genauso wie Kammzugwolle aus. 

Vlieswolle ist gut geeignet für alle Filztechniken. Ich verwende Vlieswolle gerne für kleine Gefäße und Perlen. 

TIPP: Wenn du größere Vliesstücke verwendest, halte sie beim Auslegen ruhig einmal gegen das Licht um eventuell dünne Stellen zu erkennen und ausbessern zu können. Fühle auch vor dem Anfeuchten noch einmal nach dünnen Stellen. 

Filzwolle Vlies

Kammzugwolle

Eine weitere Verarbeitungsform ist der Kammzug. Er enthält die langen, glatten Haare der Wolle. Beim Kammzug wird die Wolle zusätzlich noch gekämmt, sodass alle Fasern parallel liegen. Zum Filzen muss die Wolle erst wieder kreuz und quer gelegt werden, damit ein fester Faserverbund entsteht.

Kammzugwolle gibt es in langen Strängen, die locker aufgewickelt sind.  Zur Verarbeitung wird der Strang abgewickelt und in kleinere Stücke gezupft.  Je kleiner die herausgezupften Stücke sind umso einfacher geht es. Der Kammzug lässt sich auch leicht der Länge nach teilen. Damit kannst du ganz einfach Filzschnüre herstellen.  Kammzugwolle eignet sich für so gut wie alle Filzarbeiten, da sie sehr leicht zu verarbeiten ist, allerdings erfordert das gleichmäßige Auslegen der Wollfasern etwas Übung. 

Filzwolle Kammzug Vlies

Nadelfilz

Das Nadelvlies ist ein industrieller Vorfilz, der aus 100% Schurwolle besteht. Feine Merinowolle wird zu einem dünnen gleichmäßigen Vlies vernadelt. Das Nadelvlies kann ganz normal von Hand gefilzt werden und ergibt einen schönen gleichmäßigen Wollfilz. 

Besonders angenehm für große Projekte, da das langwierige Auslegen der Wolle vor dem Filzen entfällt. Allerdings erfordert es etwas Übung, da die Kanten und Ecken gerne beim Filzen “aus dem Rahmen fallen”.

Nadelvlies lässt sich gut zuschneiden, so kannst du z.B. Streifen oder Ornamente schneiden, und diese wiederum auf Wolle oder Stoff auffilzen. Wird ein dickerer Filz gewünscht, kannst du einfach zwei Nadelvliese aufeinander legen und verfilzen. 

Märchenwolle

Die Märchenwolle soll hier nicht unerwähnt bleiben. Ich habe sie noch nie verwendet, werde in meinen Workshops aber immer mal wieder danach gefragt. 

Als Märchenwolle werden Kammzüge bezeichnet die meist mit Naturfarben/ Pflanzenfarben eingefärbt wurden. Damit die Wolle die Farbe gut annimmt, muss sie zum färben erhitzt werden. Dies geschieht zweimalig bis fast zum Siedepunkt, dadurch wird die Wolle teilweise schon verfilzt. Aus diesem Grund eignet sich Märchenwolle nicht mehr so gut zum Nassfilzen. Für das Trockenfilzen ist die farbenfrohe Wolle jedoch sehr gut geeignet. Ansonsten hat Märchenwolle alle Eigenschaft der Kammzugwolle und wird auch wie diese verarbeitet.

Welche Wolle ist für Anfänger geeignet?

Für Anfänger ist es oft nicht einfach, das umfangreiche Angebot an Filzwolle zu durchschauen. Dabei ist es wichtig zu wissen, in welcher Technik du arbeiten möchtest. 

Schurwolle lässt sich trocken oder nass verfilzen. Beide Techniken sind meiner Meinung nach nicht miteinander vergleichbar. Welche Variante des Filzens sich für das geplante Werkstück eignet, kann man am besten mit kleineren Probestücken herausfinden. Auch ist es eine Frage der persönlichen Vorliebe ob man lieber trocken oder nass arbeitet. Ich filze von Anfang an nur in der traditionellen Nassfilztechnik. Ich mag es sehr, die Wolle mit Wasser zu besprenkeln, leicht einzuseifen, sanft mit meinen Händen zu filzen und dann kräftig und gezielt zu walken. Für die ersten Versuche im Nassfilzen eignet sich besonders feine Merinowolle oder Bergschafwolle. Diese lässt sich gut auslegen und filzt gut. 

Neben der Wolle brauchst du noch warmes Seifenwasser in einer Schüssel (ich nehme das Wasser immer so, wie es aus dem Wasserhahn kommt und für die Hände angenehm ist 😉, schließlich wollen wir uns nicht verbrühen), eine wasserfeste Unterlage und ein paar Handtücher. Hilfreich können auch noch Noppenfolie, als Unterlage oder als Schablone,  und eine Ballbrause sein. 

Eine Schritt für Schritt Anleitung zum Nassfilzen findest du demnächst in meinem Filz.Guide – Alles was du wissen musst um aus Wolle wundervollen Filz zu machen!

Zum Nassfilzen gehört auch die Technik des Nuno-Filzens. Dabei wird die Wolle mit anderen Stoffen verbunden. Geeignet dafür ist zum Beispiel locker gewebte Seide. 

Für das Trockenfilzen kannst du dieselbe Wolle verwenden, wie auch für das Nassfilzen, aber auch Märchenwolle. Außerdem brauchst du verschiedene Filznadeln. Es gibt Filznadeln sowohl in einfacher Ausführung mit einer Nadel als auch mit mehreren in einem Griff zusammengefassten Nadeln. Letzteres soll das Filzen gerade bei größeren Arbeiten leichter und schneller machen. Filznadeln besitzen kleine Widerhaken, die dafür sorgen, dass sich die Wollfasern miteinander verbinden.

Trockenfilzen eignet sich besonders um Objekte, wie z.B. Styroporformen zu umfilzen. Die Fläche wird mit Wolle in der gewünschten Farbe umwickelt und mit der Nadel durch mehrmaliges Einstechen gefilzt. Wenn der Untergrund noch sichtbar ist, legst du weitere Wolle auf, die du dann mit Hilfe der Nadel auffilzt. Auch für freie Formen und feine Details kannst du das Trockenfilzen verwenden. Die benötigte Wolle wird in der ungefähren Form auf eine Unterlage aus Schaumstoff gelegt und dann von außen nach innen mit der Nadel bearbeitet, bis sich die Wolle verfilzt und verfestigt. Je mehr Wolle du auflegst umso dicker wird die endgültige Form. 

Beide Techniken haben jede für sich ihre Berechtigung, du solltest aber wissen, das du nie Nassfilzprojekte in Trockenfilztechnik herstellen kannst, da du von Hand die benötigte Festigkeit nicht erreichen kannst. 

Warum eignet sich Wolle so gut zum Filzen?

Das Wolle verfilzt liegt an der Beschaffenheit der Wollfasern. Diese haben Schuppen und Widerhaken. Durch Wärme und Feuchtigkeit stellen sich diese Schuppen auf und werden durch die Bewegung miteinander verzahnt. Dieser Prozess lässt sich durch Seife beschleunigen. Die Seife verändert den pH-Wert, die Fasern quellen noch mehr auf und verhaken sich noch stärker ineinander – die Wolle schrumpft. Je nachdem wie stark die Wolle danach bearbeitet wird kann sie um ein Drittel oder sogar um die Hälfte schrumpfen. Dadurch werden so bearbeitete Stoffe sehr dicht und halten auch bei kaltem Wetter schön warm. Umkehrbar ist dieser Prozess nicht: einmal Filz, immer Filz.

Schurwolle zum filzen

Probiere verschiedene Wolle aus! Experimentiere, übe und lerne, es ist eine spannende Reise. Teile deine Erfahrungen, Anregungen aber auch Fragen hier mit mir. 

Viel Freude beim Wollrausch 
INA

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Ina Birke Filzgestalterin

Ich bin Ina Birke:  die Frau im Atelier filzgewandt.
Ich bin Filzgestalterin, Dozentin und Expertin für das Filzen lernen im Internet. Ich habe eine große Leidenschaft für feine Filze und eine unendliche Neugier dafür, was alles in Filz möglich ist.

Gerne teile ich mein Wissen und meine langjährige Filzerfahrung mit dir in meinen Onlinekursen. Du bist bei mir genau richtig, wenn du selbst lernen möchtest, wie man wundervolle Dinge aus Filz selbst herstellen kann: mit Plan, Struktur und viel Kreativität. 

Besonders viel Wert lege ich auf den gegenseitigen Austausch meiner Teilnehmerinnen untereinander. 

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